Seit 2019 sind Unternehmen in Deutschland verpflichtet, Stellen geschlechterneutral auszuschreiben. Und das nicht „nur“ für Männer und Frauen, sondern für alle Identitäten. Dies erfolgt in Deutschland üblicherweise durch die Kennzeichnung m/w/d für männlich/weiblich/divers. Divers bildet dabei das komplette Spektrum dessen ab, was nicht als männlich oder weiblich bezeichnet wird. So weit, so gut.
Durch den Kommentar eines Teammitglieds wurde ich darauf aufmerksam, dass die stereotype Verwendung der Reihenfolge m/w/d zumindest von einem Teil der Gruppe, die sich dem Spektrum „d“ zugehörig fühlt, als problematisch empfunden wird. Wenn immer „m“ am Beginn steht und „d“ am Ende, dann wirft das Zweifel an der Ernsthaftigkeit der formal gezeigten Geschlechtsneutralität auf.
Nun ist es für Männer und vielleicht auch für Frauen einfach, zu sagen „die sollen sich mal nicht so anstellen“. So wie es auch vorher für Männer einfach war, genau das pauschal Frauen zu sagen, die sich nicht angesprochen fühlten oder daran zweifelten (und viel zu oft berechtigt noch immer daran zweifeln), dass das mit der Chancengleichheit wirklich ernst gemeint ist. Und selbst wenn man es ehrlich meint, es gilt die alte Funk-Regel „Was gesendet wurde, bestimmen die, die empfangen“. In diesem Sinne entscheiden die „Betroffenen“, was sie als diskriminierend empfinden. Und das ändert sich auch nicht, wenn es aufrichtig anders gemeint war – und auch nicht, wenn es diejenigen, die sich missverstanden fühlen, es als ungerecht empfinden mögen.
Wie also damit umgehen? Für uns bei Apollo eine einfache Entscheidung. Wir drehen die Reihenfolge in Stellenanzeigen mehr oder minder zufällig um. So suchen wir aktuell in der Reihenfolge d/w/m eine Leitung Logistik E-Commerce. Diesmal d/w/m, ein anderes Mal w/d/m und manchmal auch m/w/d oder auch m/d/w.
Nun bin ich gespannt, ob jemand es so missversteht, dass wir mit w/d/m meinen, dass wir keinen Mann einstellen möchten. Auch das kann ich natürlich niemandem absprechen – auch wenn es selbstredend nicht so ist. Aber zumindest regt die „gewürfelte“ Reihenfolge dazu an, sich Gedanken über das Thema zu machen – intern wie extern. Und damit ist ein weiterer positiver Zweck bereits erreicht. Denn die Veränderung hin zu mehr Diversität im weitesten Sinne bedarf ständiger Anregungen, Denkanstöße, aber auch konkreter Initiativen. Gerne lade ich Sie alle ein, sollten Sie für Stellenausschreibungen und Einstellungen verantwortlich zeichnen, die Idee zu kopieren und so gemeinsam mit uns ein Signal zu setzen.
Und zum Abschluss: Egal welchem Geschlecht Sie sich zugehörig fühlen, welcher Gruppe Sie angehören oder welches Merkmal Sie ausmacht: Nicht nur als Leitung Logistik sind Sie im bunten Unternehmen Apollo bei entsprechender Qualifikation herzlich willkommen!
Man kann es niemals allen Recht machen und sollte es auch nicht versuchen. Es gibt wichtigere Herausforderungen zu lösen. Dennoch eine leicht umsetzbare Idee, die man kopieren sollte.
Da stimme ich gerne zu.
Hallo Herr Ehmer, ganz ehrlich, ich habe Ihren Blog bisher sehr geschätzt, aber ich werde zukünftig alle Unternehmen die diesen Gender Blödsinn aus profitorientierten Gründen auch nur im Geringsten unterstützen konsequent meiden. Die deutsche Sprache ist Teil unserer Kultur und eine neue Pipi Langstrumpf Kultur nach dem Motto „wir machen uns die Welt wie sie uns gefällt“ zerstört alle bisher aufgebauten Werte. Wenn jeder Unternehmer in D nur noch dem politisch vorgegeben Mainstream hinter her rent dann hat D jedes Recht auf eine gute unternationale Marktposition vertan. Schade, gerade von Ihnen hätte ich mehr Rückgrat erwartet.
Freundliche Grüsse
Zu den wirklich tollen Dingen in Deutschland gehört, dass wir Meinungsfreiheit haben – und in diesem Fall auf meinem Blog ausnahmsweise sogar für anonyme Kommentare. Nun möchte ich auch nicht über jedes Stöckchen springen, gleichwohl wenigstens in einen Punkt widersprechen. Unabhängig davon, dass mein Blogbeitrag sprachlich zu der Kritik keinerlei Anlass bietet und es auch nicht um Genderschreibweise geht, weise ich den Vorwurf, Unternehmer handelten aus Proftigier, wenn sie sich für ihre Werte einsetzen, zumindest für mich und viele mir bekannte Unternehmer mit Nachdruck zurück. Wenn es gegen Rassismus und Diskriminierung geht und für Chancengleichheit, dann lebe ich aus dieser Wertegetriebenheit heraus genau das Rückgrat, das hier angemahnt wird.
Ein Hinweis für alle, die sich noch an der Diskussion beteiligen wollen, worüber ich mich grundsätzlich sehr freue: gerne gebe ich hier das Forum für eine sachliche und höfliche Diskussion über das Thema, um das es in dem jeweiligen Beitrag geht. Wenn es um andere Themen geht oder an akzeptabler Diskussionskultur mangelt, werden die Beiträge geblockt.
Sprache verändert Werte in der Gesellschaft und Werte verändern die Sprache. Lest mal Geschäftsbriefe aus den 60iger Jahren. Darum ist es sehr wichtig, beides im Einklang zu halten und anzupassen, lieber Herr Ehmer. Dafür haben Sie einen kleinen Hinweis gegeben! Danke
Sehr geehrter Herr Dr. Ehmer,
Ihre Anregung zum Umgang mit m/w/d finde ich interessant. Allerdings vermute ich, dass der Großteil der Leser von Stellenanzeigen den Wechsel der Reihenfolge überhaupt nicht bemerken werden. Das Thema von w/m/d in Stellenanzeigen beschäftigt mich schon länger und ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass die Zusätze überflüssig sind. Da jede Stellenausschreibung diese Zusätze enthält, in welcher Reihenfolge auch immer, sind sie eigentlich überflüssig. Es muss sich doch die Einsicht durchsetzen, dass mit einer Stellenanzeige immer beide Geschlechter und auch die Personen ohne Geschlecht angesprochen sind. Personen, die meinen, dass mit der Reihenfolge m/w/d nur männliche Bewerber (oder w/m/d nur weibliche Bewerber) gewünscht werden, haben ein nicht nachvollziehbares Problem. Letztlich kann man alles zu einem Problem machen. Dennoch bin ich gespannt, welche Auswirkungen Ihrer Vorgehensweise hat. Vielleicht berichten Sie!
Wenn man jemanden wegen seines Geschlechts ohnehin nicht benachteiligen darf, wieso weist man dann in jeder Stellenanzeige ausdrücklich darauf hin, dass man (vorgeblich) bereit ist, Menschen jeden Geschlechts einzustellen? Man schreibt ja im Regelfall auch nicht “Nicht-Weiße dürfen sich ebenfalls bewerben” dazu?
Wenn man zum Ausdruck bringen will, dass es (vorgeblich) völlig egal ist, welchem Geschlecht jemand zugehört, warum bricht man sich dann dermaßen einen ab, um sprachlich auch ja ausreichend die Unterschiede hervorzuheben?
Die exklusive Aufteilung in “m/w” empfand man als problematisch, also kam das “d” noch dazu. Problem gelöst? – Nö. Jetzt erachtet man die Reihenfolge als problematisch. Also muss man sich wieder etwas neues ausdenken, um die zufriedenzustellen, die niemals zufrieden sein werden, weil sie niemals zufrieden sein wollen. Irgendwann werden sich die ersten daran stören, dass das “m” überhaupt noch genannt wird. Männer leisten doch nichts, denen fliegt doch eh alles zu.
Als nächstes werden sich die zu Wort melden, denen die Kategorie “d” viel zu allgemein ist. 1 x Männlich, 1 x weiblich und 1 x die Schublade für den ganzen Rest… Da muss viel besser differenziert werden.
Ihr Gender-Karussel wird letztlich auch allenfalls einen Platz im Kuriositätenkabinett einnehmen, weil es auch wieder nichts anderes als völliger Kindergarten ist (Papa, ich will aber vorne sitzen! – Nein, ich! – Du hast auf der Hinfahrt schon!)
Dann wird nämlich ausgerechnet bei den Berufen, die eher technischen Bezug haben, aus Versehen mal das “m” vorne stehen und prompt sehen Sie sich Vorwürfen von alltäglicher Mikroaggression ausgesetzt.
Man versucht, immer mehr Menschen einzuschließen (worein überhaupt, bei der Geschwindigkeit, mit der hier alles erodiert?), und übersieht völlig, dass man dabei immer mehr Menschen verliert. Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt dieses ganze Gender-Gedöns komplett ab. Die Menschen wenden sich von den ÖR-Medien massenhaft ab, die von ihrem Bildungsauftrag offensichtlich gar nichts mehr wissen und den Leuten lieber ungefragt ungewollten Sprechunterricht erteilen wollen. Die Menschen wenden sich von einer Politik ab, die immer mehr in Bereiche abdriftet, die mit den Problemen des Landes und der Menschen darin kaum noch was zu tun haben.
Wie viele Menschen sind in Deutschland überhaupt “d”? Ist das in Prozent überhaupt messbar? Und seit wann ist Demokratie so definiert, dass die überwältigende Bevölkerungsmehrheit sich dem zu beugen hat, was ein verschwindend geringer Anteil der Bevölkerung vorgibt?
Aber vielleicht sind wir ja schnell und kommen in der weltbewegenden m/w/d-Frage eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung hin, bevor es in der Ukraine/Russland richtig zur Sache geht, oder demnächst dann in China/Taiwan, und falls nicht… müssen die internationalen Krisenherde halt warten. Wir haben wichtigeres zu tun.
…man könnte dazu soooo viel sagen, ich beschränke es auf zwei Kommentare:
– Die Mehrheit ist nicht unbedingt ein guter Ratgeber, wenn es um den Schutz von Minderheiten geht.
– Warum sollte man nicht das eine tun, ohne das andere zu lassen – die Reihenfolge dreier Buchstaben in einer Stellenanzeige und das daraus erwachsende Signal schließen nicht aus, dass man auch andere Dinge ernst nimmt und sich darum kümmert.
Toll geschrieben. Vielen, vielen Dank!