Gerne veröffentliche ich hier ein Interview zum Thema Pink Washing ist das neue Green Washing, welches ich kürzlich der IWiL (Initiative Women into Leadership) gegeben habe. Die Fragen hat Alexandra Iwan für die IWiL-Redaktion gestellt. Anläßlich des Weltfrauentages 2020 haben wir so gemeinsam über den weiteren Diversity-Tellerrand geschaut. Ich wünsche anregende Lektüre.
Pink Washing ist das neue Green Washing. Was verbinden Sie damit?
Den peinlichen Versuch, die eigene Kurzsichtigkeit und Engstirnigkeit zu übertünchen. Das gilt für Green Washing, für Pink Washing und für jeden Versuch, ein gesellschaftlich relevantes Thema für sich zu vereinnahmen, ohne dass man wirklich glaubhaft dafür steht.
Wie beurteilen Sie die unternehmerischen und kommunikativen „pinken“ Strategien von Unternehmen?
Leider sehe ich immer wieder, dass Unternehmen die LGBTQ-community offensichtlich als interessante Zielgruppe erkannt haben und sich „anbiedern“, ohne dabei wirklich glaubwürdig zu sein. Generell neigen leider zu viele Unternehmen dazu, auf der Werte-Ebene zu kommunizieren, ohne wenigstens zu versuchen, diese Werte durchgehend zu leben. Das gilt beispielsweise auch für die Förderung von Frauen in Führungsrollen. Die meisten Unternehmen haben verstanden, dass es besser ist, wenn man sich öffentlich dafür ausspricht. Die wenigsten davon unternehmen ausreichende Anstrengungen, aber genau das auch über alle Führungsebenen zu leben. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass dies nicht einfach ist und auch nicht immer gelingt – aber viele machen es sich auch zu einfach…
Können Sie uns konkrete Beispiele nennen, die Ihnen hier in Deutschland aufgefallen sind? Positive und negative?
Generell ist es positiv, wenn Unternehmen sich mit diesem Thema auseinandersetzen und beispielsweise entsprechende Mitarbeiternetzwerke offiziell anerkennen und unterstützen. Nun kann man auf den ersten Blick darüber streiten, wie bedeutend es ist, wenn beispielsweise von über 130.000 Mitarbeitern der BMW Group sich vielleicht ein halbes Prozent in einem LGBT+ – Netzwerk zusammenschließt oder bei Vodafone möglicherweise einige wenige hundert von 13.000 Mitarbeitern. Aber diese Betrachtungsweise wäre aus meiner Sicht falsch. Denn die Anerkennung und Unterstützung des Unternehmens sendet, wenn sie ehrlich erfolgt, ein klares Signal in die richtige Richtung – nämlich für Offenheit und Toleranz. Und dabei handelt es ist nicht um die einzige Aktivität der beiden genannten Unternehmen in diese Richtung.
Nun habe ich keine echte Innensicht aber von außen betrachtet, finde ich das gut und angesichts der Art und Weise der Kommunikation sieht es auch nicht nach Pink Washing aus. Gleichzeitig fällt aber am Beispiel der BMW Group auf, dass unter den sieben Vorständen nur eine Frau ist, und das obwohl BMW sich schon seit vielen Jahren zur Förderung von Frauen auch in Spitzenpositionen bekennt. Der Frauenanteil im Vorstand entspricht also dem, was man sich schon für vor zehn Jahren vorgenommen hatte. Zumindest bei Gender Diversity im Vorstand ist also noch Luft nach oben, wie die sich verändernde Zusammensetzung des eigenen Aufsichtsrates zeigt.
Denken Sie, dass Pink Washing eine erfolgreiche Strategie sein kann?
Wie schon meine Oma sagte: „Lügen haben kurze Beine“. Und das gilt natürlich in digitalen Zeiten mehr denn je. Es macht also keinen Sinn, wenn ein Unternehmen versucht, den unberechtigten Anschein zu erwecken, (Gender) Diversity ernst zu nehmen, ohne den Worten auch Taten folgen zu lassen. Kunden lassen sich ebenso wenig blenden wie neue Mitarbeiter oder das eigene Team. Am Ende verlieren also Pink-Washer doppelt: Einerseits weil sie die Chancen der Vielfalt auf allen Ebenen verpassen und andererseits weil sie Erwartungen enttäuschen.
Ich stimme Ihne gerne freudig zu, Herr Dr. Ehmer. Jedoch durfte ich die offiziellen Feiern des internationalen Frauentages bei Vodafone in den letzten Jahren als sehr aufgesetzt beobachten. Mit den ursprünglichen Inhalten des Frauentages (Andere Hälfte des Himmels) hatte das nicht mehr viel zu tun..