Jeder Terrorakt oder Amoklauf ist gleichermaßen fürchterlich. Egal wo und warum. Egal ob ein Fanatiker einen Lastwagen in eine Menschenmenge in Frankreich steuert, ein Fehlgeleiteter einen Bus in der Türkei in die Luft sprengt, ein Wahnsinniger auf einer Ferieninsel in Skandinavien, in einer Schule in den USA oder in München ein Blutbad anrichtet. Ich könnte leider tausende Beispiele anführen, im Kern ist es dasselbe: menschenverachtend, krankhaft verblendet und unerträglich narzisstisch.
Ein derartiges Ereignis trifft einen besonders, wenn es “vor der Haustüre” passiert. Gestern Abend habe ich all das hautnah mitbekommen. Von unseren Mitarbeitern, die in Todesangst aus der Apollo-Filiale im OEZ geflohen sind, von denen, die sich im abendlichen Chaos gemeinsam mit Kunden bis in die Nacht in einer Filiale verbarrikadiert hatten und von denen, die bei Freunden oder Unbekannten geschlafen haben, weil sie nicht heimgekommen sind – immer in der Angst, es könnte noch ein Irrer mit einer Waffe hinter der nächsten Ecke stehen.
Natürlich sind die Gedanken in erster Linie mit den Todesopfern und Verletzten. Und trotzdem, man darf die Belastung vieler tausend Menschen, die mehr oder minder stark und vermeintlich nur am Rande betroffen waren, nicht unterschätzen. Diese Menschen bleiben wie die Angehörigen der Opfer mit ihrer Trauer und ihren Ängsten zurück, wenn die Karawane und öffentliche Aufmerksamkeit zum nächsten Ereignis weiterzieht.
Wir haben den Mitarbeitern in unseren Münchner Filialen freigestellt, ob sie heute zum Dienst kommen wollen oder nicht – kein Druck, jeder kann frei entscheiden, ob er sich die Zeit zur Verarbeitung der Geschehnisse nehmen möchte. Die meisten Filialteams haben sich heute früh dafür entschieden, den Laden zu öffnen. Manche auch nicht – und das ist völlig in Ordnung. Ich habe vor beiden Entscheidungen gleichermaßen hohen Respekt, wie generell vor dem Verhalten unserer Mitarbeiter. Beide Entscheidungen sind gleich mutig und besonnen.
Ich bin mir sicher, dass die Mitarbeiter, die sich dafür entschieden haben, zur Arbeit zu kommen, dies nicht nur gemacht haben, weil sie heute Kunden bedienen und Umsatz machen wollen. Es geht um mehr. Es geht um viel mehr: Wir dürfen uns durch solche abscheulichen Ereignisse nicht dazu bringen lassen, dass wir unser Leben und unsere Gewohnheiten ändern. Egal ob die Gewalt von links, von rechts, durch verblendete religiöse Motivation oder durch psychische Krankheiten ausgelöst wird: Niemand hat das Recht, uns unsere Freiheit, unsere selbstbestimmte Lebensart und damit unsere Würde zu nehmen! Sinnbild dieser Geisteshaltung ist für mich ein Foto der Demonstration nach den schrecklichen Ereignissen letztes Jahr in Paris. Also sage ich in diesem Sinne voller Überzeugung: NOT AFRAID!
Unterschreibe jedes Wort!
Ich sehe es anders – obwohl der Reflex ein ähnlicher ist. Meine Meinung dazu findet sich hier:
http://www.svenstephan.com/blogbeitrag/items/mord-und-totschlag-und-weiter-so-wie-immer-167.html