Alle schütteln den Kopf über das Berliner Flughafen-Neubau-Desaster. Vielreisende freuen sich, dass Tegel noch in Betrieb ist. Und wer existierende Großflughäfen kennt, der weiß erst richtig, was er an TXL hat, und an NUE und BRE – nicht aber an FRA.
Nehmen wir einfach eine durchschnittliche Tages-Geschäftsreise von/bis Frankfurt alias FRA. Ähnlich wie für manch einen Weihnachten überraschend am 24.12. kommt, ist jeder Montag offenkundig wieder eine böse Überraschung für den Flughafenbetreiber. Anders wäre es nicht zu erklären, warum man auch nach Jahrzehnten nicht in der Lage ist, für einen wenigstens einigermaßen zumutbaren Ablauf zu sorgen.
Liebe Marketing-Profis des Fraport: was erwarten Sie eigentlich, wenn Sie an einem Montagmorgen jedem zweiten Kunden einen Zettel in die Plastikbox legen, damit er Ihnen nach dem Passieren der Sicherheitskontrolle eine Rückmeldung gibt, ob er zufrieden ist? Jeder ist froh und zufrieden, wenn er die Sicherheitskontrolle endlich hinter sich hat! Nur die wenigsten haben Zeit und Lust auf eine derart überflüssige, ja provozierende Befragung. Diejenigen, die dennoch den Zettel einwerfen, haben Mitleid mit den Mitarbeitern der Sicherheitskontrolle. Denn die können ja nichts dafür, sind selber gestresst und dennoch meistens freundlich.
Stellen Sie sich einfach montags einmal selber in die Warteschlange. Egal ob “Priority” oder “Normal” – Sie werden auf zahllose verärgerte Menschen stoßen. Versteinerte Mienen, immer wieder dezentes Kopfschütteln und unruhiges “Auf die Uhr sehen”. Lauschen Sie doch einmal den spontanen Kurzdialogen von sich wildfremder Menschen. Mit nur etwas Empathie und gesundem Menschenverstand sehen Sie als Marketing-Profi auf einen Blick, wie zufrieden die Reisenden sind.
Hat man die Ansteh-Tortour endlich überstanden, folgt der Marsch-Mehrkampf. Zunächst schlängelt man sich zwangsgeführt durch den Duty-Free. Vorbei an zahllosen grell geschminkten Promotorinnen, die einem Parfümproben anbieten – hoffentlich lehnt auch mein späterer Sitzplatznachbar dankend ab. Selbst Ikea hat mittlerweile akzeptiert, dass eine derartige Kunden-Zwangsführung Verdruss schafft. Solch ein Verhalten kann sich nur ein Monopolist erlauben. Und nichts anderes ist ein Flughafen wie Frankfurt für jemanden, der im Rhein-Main-Gebiet wohnt.
Weiter geht’s. Zunächst erst einmal vorbei an der Lounge-Warteschlange (ist dank der Warteschlange bei der Sicherheitskontrolle mal wieder zu spät für ein kleines Frühstück). Und schließlich geht es auf den Marsch zum Gate.
Letztens hat es mich wieder einmal erwischt. Auf dem Weg zum Flughafen Frankfurt die SMS: Ihr Gate hat sich verändert, neues Gate: A68. Oh, prima, ein ausgedehnter Morgenlauf. Fast 45 Minuten habe ich für die Sicherheitskontrolle benötigt, dann noch eine Viertelstunde im lockeren Trab zum Gate. Auf dem Rückweg bin ich übrigens bei A42 angekommen – so habe ich an einem Tag das komplette Terminal erlaufen.
Auch nach der abendlichen Rückkehr gibt der Flughafen noch einmal alles. Beim direkten Weg zum Ausgang wurden die Schilder entfernt. Die Ausgangs-Beschilderung versucht, einen noch einmal durch den Shopping-Bereich zu lotsen. Egal, als Vielflieger kennt man den Weg und geht geradeaus. So kommt man schneller ins Parkhaus. Hier angekommen ist der Wagen mal wieder zugeparkt, weil die Parkbuchten in der Breite in den 50er Jahren stehengeblieben sind – also durch den Kofferraum reinkrabbeln…
Ich weiß, Zwangsführungen durch Einkaufsbereiche sind internationaler Standard. Sie sind wichtig für ein gutes Betriebsergebnis. Und bei einer zeitgemäßen Parkhausgestaltung gingen Stellplätze und damit Einnahmen verloren. Aber wer so offenkundig auf Profit optimiert und sehenden Auges seine Kunden verärgert, der sollte sich nicht mit Kundenzufriedenheitsbefragungen aufhalten. Also, wie gesagt, ich liebe NUE, BRE und TXL, die sind zu klein für so etwas, aber unglaublich angenehm für die Kunden.
Lieber Jörg,
wir machen ca. 5% derjenigen aus die sich über die Großflughäfen ärgern. Oft liegt es einfach daran, daß man spät dran ist. Seit zwei Jahren bin ich einfach 30 Min. eher am Flughafen und habe seitdem wesentlich weniger Streß. Gehe in die Lounge und relaxe ein wenig. Mich ärgern die Flughäfen ohne Ladestation fürs Handy
wäre doch sympathisch wenn Samsung oder andere solche Stationen
aufstellen würden anstatt übergroße Leuchtkästen aufzustellen.
Einen schönen Abend
Peter
Volltreffer, Jörg. Allerdings fehlt mir bei den positiven Beispielen LEJ.
…ich leiste Abbitte, wie konnte ich nur den Interkontinentalairport Mitteldeutschland unterschlagen?