Es hat etwas Gutes, wenn morgens die erwartete Schlange vor der Sicherheitskontrolle am Flughafen kürzer ist als befürchtet. So ging es mir heute in München. Aber so konnte ich gegenüber Gate G17 einen besonderen Buchladen entdecken – gerade recht, um dort die gewonnenen Minuten zu verbringen. Dort sprang es mich dann gleich an: ein kleines, dünnes Büchlein. Der Umschlag auf alt getrimmt, als Titelbild ein wohl gekleideter Herr, der einer ebensolchen Dame mit Fächer einen goldenen Briefumschlag übergibt. Auf den ersten Blick sieht es aus, wie ein antiquarisches Werk aus dem letzten Jahrhundert. Aber das kann nicht sein, heißt der Titel doch “Über den Umgang mit E-Mails”.
Mein erster Gedanke im Buchladen ist wie so oft “Willst Du das wirklich lesen oder am Ende nur fürs Regal kaufen?” Die Entscheidung ist diesmal einfach: kaufen, auf dem Flug nach Düsseldorf lesen – sicher bleibt sogar noch Zeit für eine Rezension. Der Untertitel “Die Scholz & Friends E-Mail-Etikette” zeigt die Herkunft und weckt die Hoffnung, dass die Autoren der unseligen Mailkultur gleichermaßen handwerklich überzeugend wie pfiffig begegnen. Auch der Aufdruck auf dem Rückumschlag ist vielversprechend: “Ein Büchlein gegen die Verblödung der Menschheit durch E-Mails.”
Dies deutet auch an, warum das Büchlein eine Empfehlung wert ist. Obwohl es letztlich “nur” aus zehn Regeln besteht, die, auf Fakten reduziert, nicht von dem abweichen, was in den meisten Mailknigges zu lesen ist. Man kann inhaltlich das Gleiche sagen, aber der Empfänger der Botschaft nimmt diese trotzdem nicht gleich wahr. Was gesendet wurde, entscheidet bekanntlich der Empfänger der Nachricht. Und da kommt die Expertise einer der führenden Kommunikationsagenturen zum Tragen.
Natürlich beinhaltet auch der Mailknigge unseres Unternehmens die Aufforderung, einen kurzen und prägnanten Betreff für die Mail zu wählen. Und natürlich wird dies auch begründet – obwohl es selbstverständlich und selbsterklärend sein sollte. Die Autoren begründen ihre entsprechende Regel mit einem knappen Text, eingeleitet mit der Überschrift “Warum Thomas Mann den “Zauberberg” nicht “fwd: fwd: Hallöchen” nannte”. Das sitzt. Man müsste schon ziemlich abgestumpft sein, um bei seiner nächsten Mail nicht wenigstens einen Moment über den Betreff nachzudenken.
Und genau das ist es, was das Büchlein ausmacht. Wie eine gute Werbebotschaft zum Kauf eines Produktes motiviert, so motivieren die Autoren den Leser, sich zumindest Gedanken zu machen, besser noch das Verhalten zu ändern. Kaum jemand wird widersprechen: Manchmal sind nicht gesendete Mails gute Mails und wer Wichtiges sagen will, der sagt es persönlich. Auch Regel acht “Keine Verteiler des Grauens” dürfte ungeteilte Zustimmung finden. In diesem Zusammenhang auf die Indianer zu verweisen, die mit ihren Rauchzeichen Massen-E-Mails erfanden, schafft Aufmerksamkeit. Und es ist einleuchtend, dass die Indianer aus gutem Grund dieses Kommunikationsmittel nicht inflationär einsetzten – wie heißt es so schön “Niemals aber gaben die Indianer Rauchzeichen wie “Hat jemand den linken Mokassin von Kleiner Bär gesehen? Bitte melden!”
Also, eine klare Leseempfehlung – mit besonderem Hinweis auf Regel zehn: Halte Dich an die Regeln eins bis neun.
Über den Umgang mit E-Mails, Die Scholz & Friends E-Mail-Etikette, Verlag Hermann Schmidt, Mainz, Einband – fest, ISBN 978-3-87439-796-4
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Hallo Herr Dr. Ehmer,
besten Dank für den Hinweis. Als notorischer Massen-Mailer (der DSD-Einladungsverteiler umfasst aktuell rund 2.000 Adressen) werde ich bei dem Thema gerne vorsichtig still .. Steht ab sofort auf der To-read-Liste.
Herzliche Grüße
Ralf Schilberg